Am Festtag wurde in der Residenz ein vielfältiges Rahmenprogramm geboten, das die Stadt Hilpoltstein mit vielen Partnern organisierte.
Ein ganz besonderes Jubiläum feierte Hilpoltstein mit vielen Gästen am Sonntag, 20. Oktober 2024 – das 400-jährige Bestehen der Residenz Hilpoltstein.
Am Festtag wurde in der Residenz ein vielfältiges Rahmenprogramm geboten, das die Stadt Hilpoltstein mit vielen Partnern organisierte.
Vor 400 Jahren heiratete Johann Friedrich von Pfalz-Neuburg seine Braut Landgräfin Sophia Agnes von Hessen Darmstadt und zog mit ihr in sein neu errichtetes Schloss in Hilpoltstein. Vor 400 Jahren wurde Hilpoltstein also Residenzstadt. Eine Residenz ist der Wohn- und Arbeitssitz eines Fürsten oder gar Monarchen. Das musste sich auch nach außen hin zeigen, in Größe und Ausdehnung des Gebäudes, in Festen und im Hofzeremoniell. Nicht jede Stadt war eine Residenzstadt. Dies bedeutete eine enorme Aufwertung der Stadt. Wissen und Geld kamen nach Hilpoltstein. Handwerker, Know-How und hochadeliger Besuch verkehrte in der mittelgroßen Stadt Hilpoltstein. Vor Ort wurde durch imposante Bauwerke Macht demonstriert und die Herrschaft legitimiert.
Dass Hilpoltstein Residenzstadt wurde, verdankte sie wohl auch dem Zufall dynastischer Erbfolge. 1505 musste ein Erbfolgekrieg per Schiedsspruch vom Kaiser beendet werden. Er entschied, die Landshuter Territorien zu teilen. Ein kleines Splitterterritorium entstand und begründete die Wittelsbacher Linie Pfalz-Neuburg, der schließlich auch Hilpoltstein angehörte. Durch erneute Erbteilung erhielt Hilpoltstein-Heideck-Allersberg einen eigenen Fürsten. 1615 erbte Johann Friedrich die Gebiete und begründete damit die Wittelsbacher Nebenlinie Pfalz-Hilpoltstein. 1618 kam er in die Stadt und beauftragte einen fürstlichen Wohnsitz. Ein bereits bestehendes Sandsteingebäude wurde zur modernen Vierflügelanlage mitten in der Stadt umgebaut. Historische Rechnungen belegen eine rege Bautätigkeit um 1624, einem Jahr, indem die Hauptarbeiten größtenteils erledigt waren. Denn im gleichen Jahr heiratete der Fürst seine Braut Sophia Agnes von Hessen-Darmstadt. Die Feierlichkeiten am 7./8. November in Darmstadt hielten eine Woche an und endeten mit der Heimholung der Braut nach Hilpoltstein am 1.12.1624. Ein rauschendes Fest wurde abgehalten und führte das Fürstenpaar in der Stadt ein. Sie bezogen das heute als Residenz bekannte Gebäude als ihr Wohnhaus.
Hilpoltstein verfügte zu diesem Zeitpunkt bereits über eine Hofhaltung von Dorothea Maria, die Tante von Johann Friedrich. Sie hatte die mittelalterliche Burg zum „Oberen Schloss“ umbauen lassen und richtete sich dort ihren Witwensitz ein. Der Regent war jedoch Johann Friedrich, der öffentliche Pflichten wahrnahm und die Geschicke des Reiches lenkte.
Hilpoltstein erhielt mit Johann Friedrich nicht nur einen eigenen Fürsten, es wurde eine eigene Nebenlinie der Wittelsbacher begründet. Der ganze Titel lautet „Johann Friedrich von Pfalz-Hilpoltstein“. Außerdem trägt er den Titel „Pfalzgraf bei Rhein“. Das ist eine besondere Ehre. Der Titel Pfalzgraf bei Rhein geht bis ins Mittelalter zurück und bezeichnete die Vertretung des Königs. Später gehörte er zu den 7 Kurfürsten, die „kürten“, also wählten. Johann Friedrich war allein auf Grund seines Titels ein begehrter Junggeselle!
Durch ihn wird Hilpoltstein Residenzstadt, er verfügt über eine recht ordentliche Hofhaltung mit zahlreichen Angestellten und bringt Kunst und Kultur, Rohstoffe und Know-How in die Stadt. Leider war das Fürstentum Hilpoltstein nur von kurzer Dauer. Trotz acht Kindern starb Johann Friedrich 1644 ohne Erben. Das kleine Territorium Hilpoltstein-Heideck-Allersberg fiel wieder an den Stammsitz der Familie in Neuburg zurück, der Wittelsbacher Linie Pfalz-Neuburg.
Johann Friedrich erhielt als Fürstensohn eine standesgemäß umfangreiche Ausbildung und war, als junger Mann nach Italien oder gar Malta verreist. Er wählte seine neue Residenz überlegt, formte sie nach der zeitgenössischen Mode der sog. Spätrenaissance als Vierflügelanlage um und ließ dafür sogar bereits bestehende Gebäude abreisen. Zur Ausstattung lässt er Zimmerer und Kistler, Schreiner und Schlosser, Tapezierer, Maler, Kalkschneider, „goldtarbeittern“, Hafner und viele Handwerker mehr aus der Umgebung kommen. Sogar der Hofmaler aus dem Familienstammsitz Neuburg/Donau kam und der Kalkschneidermeister Kuhn, der im Fränkischen bereits verschiedentlich einen hervorragenden Ruf genoss. Gold und Ledertapeten, Stickereien aus Golddamast auf der Kleidung, Ohrringe, Kettenanhänger aus Bernstein und Malachit, Reliquiengefäße, eine eigene Badestube und eine Wandmalerei im Stil römischer Villen ließ er anfertigen. Seine Hobbies, die Jagd und die Gestirne haben sich bis heute in der ehem. Residenz niedergeschlagen. Beides typische Fürstenthemen. Sie sind auf der Höhe der Zeit gefertigt. Vorbilder für den Stuck sind Kupferstiche, die frisch verlegt vom Stapel gelaufen sind, alles brandaktuell. Die Qualität der Stuckdecken ist hervorragend und sucht Seinesgleichen. Hinterschneidungen in den Stuckprofilen, reliefhafte Bildfelder mit vollplastischen Elementen lassen uns heute noch staunen. Der Deckenstuck wirkt bis heute lebendig, ist nicht nur kunstvoll gefertigt. Nicht jeder Handwerker verfügte über dieses Wissen! Der Stuck ist DIE Perle der Residenz, damals und heute.
Zum 400-jährigen Bestehen der Residenz wird es einen Festtag mit Führungen, Vorträgen und einer Ausstellung geben. Die Ausstellung zeigt auf großen Tafeln im Außenbereich das Entstehen des Fürstentums, die weitverzweigte Familie des Fürsten mit Stammlinie, sowie seinen Alltag in Hilpoltstein und Details zum Gebäude. In den Innenräumen des Gebäudes gibt es Spannendes zu einzelnen Räumen, der privaten Badestube des Fürsten oder dem sog. „privetthurn“. Was das war? Ihr nennt es Toilette, WC oder Klo. Das war hochmodern! Hintergründe zur Herstellung von Stuck werden gezeigt, vergleichbare Ausstattungsgegenstände einer Residenz der Zeit, sowie die Gewänder des Fürsten und seines dreijährigen Sohnes. Die Originale sind Grabfunde und sind heute im Bayerischen Nationalmuseum präsentiert.